NL#83 – Gestern im Schulausschuss (die ‚Ganztags-Sitzung‘)

schulausschuss 20150521Gestern haben wir uns mit viel Publikum im Schulausschuss getroffen. Tagungsort war diesmal nicht das kleine Hinterzimmer wie sonst: es war klar, dass bei DEM Thema viele Interessierte an der Sitzung teilnehmen werden: es ging um die Weiterentwicklung unserer Grundschulen zum richtigen Ganztagsmodell.

Was besonders war: die sonst übliche Bürgerfragestunde (immer am Anfang einer Sitzung und begrenzt auf max. 30 Minuten) wurde aufgehoben zugunsten eines umfassenden bürgerschaftlichen Dialogs. Es entstand eine breite und kontroverse Diskussion bei der jedoch die Fronten nicht unbedingt aufgeweicht wurden, nicht wirklich mehr Verständnis für die jeweils ‚andere Seite‘ aufkam und bei den Statements teilweise eher zu einem Glaubenskrieg denn zu einer Auseinandersetzung über das zukünftige Schulmodell zu passen schienen.

Es geht um die Präferenz eines an den Status Quo angelehnten Modells (verlässliche Grundschule bis 13h, ab dann ‚Pädagogischer Mittagstisch‘) und einer Alternative, die es in verschiedenen Varianten gibt: dem Ganztagsunterricht in einer offenen, teilgebundenen oder verpflichtenden Variante.

Die Problemstellung:

  • 70% aller Bundesbürger-Eltern wünschen sich eine Ganztagsbetreuung (siehe: Umfrage der Bertelsmann-Stiftung);
  • das Land Niedersachsen stellt erhebliche Fördermittel zum Ausbau auch der Grundschulen bereit und …
  • … diese Entwicklung ist in Bund, Land, Kommune von allen Parteien gewollt – weil als pädagogisch und gesellschaftlich sinnvoll und gewünscht bewertet;
  • vor Ort muss das richtige, ‚passende‘ Modell gefunden werden, das die Landesschulbehörde dann genehmigt;

Die Ausschussvorsitzende weist darauf hin: in Niedersachsen sind inzwischen 60% aller Schulen im Ganztagsbetrieb (inklusive ungefähr der Hälfte aller niedersächsischen Grundschulen – also: an 800 vergleichbaren Standorten läuft das schon so).

Die Idee der Schulen in unserer Samtgemeinde ist aber nicht, sich dieser Entwicklung anzuschließen, sondern das eingeführte Modell des Pädagogischen Mittagstischs (PM) fortzusetzen, ggfs. auszuweiten; das aber ist aus Sicht vieler Eltern und der politisch Verantwortlichen problematisch:

  • der PM ist grundsätzlich begrenzt (heute in Jesteburg auf 80, in Bendestorf auf 30 Plätze) was immer dazu führen wird, dass Eltern, die Bedarf haben keine Ganztags-Betreuung für ihr Kind bekommen; besonders hart trifft das berufstätige alleinerziehende Mütter; aktuell sind 18 Kinder auf der Warteliste; bei einem echten Ganztagsmodell wäre das nicht so;
  • Der PM ist ein Modell, das auf Basis des Kindertagesstättengesetzes läuft – also eigentlich nicht für den Schulbetrieb gedacht ist, bei dem eine Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde mit steigende Teilnehmerzahl immer schwieriger wird und grundsätzlich Restriktionen hat: die Einbindung Dritter (Vereine etc.) ist nicht möglich; das Ganztagsmodell setzt auf die Integration privaten Engagements;
  • Der PM kann sich nie in Richtung einer echten pädagogischen Betreuung entwickeln, der Ganztag schon.

Die Wortmeldungen zum Thema waren kontrovers. Kein Jota rücken die Verantwortlichen der Schulen von ihrer Ablehnung des echten und vom Land geförderten Ganztagsmodells ab, bietet die Sonnenschule Bendestorf – gestützt auf einen Beschluss des Schulvorstands – noch an, bei entsprechender Willensbekundung von Elternseite eine grundsätzliche Weiterentwicklung neu zu überdenken, kann sich die Grundschule Jesteburg (hier war der Vorstandsbeschluss wegen eines Formfehlers nicht gültig) nur vorstellen eine teilgebundene (also an zwei Tagen verpflichtende, an drei Tagen nicht stattfindende) Variante umzusetzen, sollte das präferierte Ergebnis ‚alles bleibt wie’s ist‘ nicht umsetzbar sein. Was hilft das den Eltern, die nachweislich umfassenden Betreuungsbedarf haben?

Mitglieder des Schulausschusses plädieren nachdrücklich für die Umsetzung eines Modells bei dem sich jeder wiederfindet und weisen darauf hin, dass die angebotenen Ganztagsmodelle ja Teile eines Kontinuums sind, bei dem eine Schule (also: Leitung, Lehrer, Eltern, Kinder) vorsichtig gemeinsam Erfahrungen machen kann, der Kollege Krämer von der Bendestorfer Wählergruppe ruft zu mehr Leidenschaft für das Thema auf und Bürgermeister Udo Heitmann erinnert daran, dass wir uns auch für den Pädagogischen Mittagstisch (damals für eine Handvoll Kinder) in diesem Gremium vor ein paar Jahren engagiert eingesetzt hatten und appelliert in seinem Statement abschließend dafür diese Betreuungslösung als das zu sehen, was sie ist: als überholtes und in dieser Größenordnung überfordertes Modell, dass jetzt durch eine gemeinsam erarbeitete schulische Ganztagslösung abgelöst und weiterentwickelt werden sollte (und damit das auch einmal gesagt ist: die KollegInnen des Pädagogischen Mittagstisches leisten hervorragende Arbeit; das ist unstrittig).

Auch der Hinweis kommt noch: die politischen Vertreter der Samtgemeinde haben sich übrigens dafür ausgesprochen die derzeit für den PM bereitgestellten Haushaltsmittel zusätzlich zu den Landesmitteln für eine Umsetzung des Ganztags bereitzustellen (in Summe ist damit dann mehr Geld da als heute); das Engagement des PM wie er heute stattfindet sollte dann auch in ein neues Konzept mit einfließen.

Es wird abgestimmt: die Verwaltung möge rasch und detailliert prüfen, die die Grundschulen in einem Ganztagsmodell geführt werden können. Zum weiteren Erkenntnisgewinn wird noch ein öffentlicher Informationsabend mit der Landesschulbehörde stattfinden. Die Abstimmung endet mit 6 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme. Wir werden den Ganztag auf den Weg bringen.

Dann wird es turbulent: beim nächsten Tagesordnungspunkt hatten sich einige Ausschussmitglieder darauf verständigt den Kreis der im PM betreuten Kinder für das nächste Schuljahr temporär zu erweitern (und Haushaltsmittel in der Größenordnung 32.000 € bereitzustellen), wenn die Entwicklung der Jesteburger Grundschule zum Ganztag sichtbar ist. Das wird nach der vorangegangen Diskussion als Erpressungsversuch gesehen, entsprechend laute Zwischenrufe gibt es seitens der Lehrer im Publikum. Tatsächlich waren die Ausschussmitglieder bei dieser Vorabsprache aber davon ausgegangen, dass die Voraussetzung – die Entscheidung zum Ganztagsmodell – unstrittig ist, entsprechende Signale aus der Gesamtkonferenz der Schule wurden so verstanden. Jetzt wurde diese Absprache wieder kassiert und die Empfehlung der Erweiterung für 10 Kinder (also für eine Betreuungskraft und 16.000 €) verabschiedet.

Und dann haben wir noch für die räumliche Erweiterung an beiden Standorten – unabhängig vom Ganztagsthema – die Aufstellung von je 1 Container beantragt. Höhere Instanzen haben das dann noch zu entscheiden.

Die Sitzung endet um 21:50h, in zahlreichen Kleingruppen wird weiter diskutiert. Das Thema ‚Ganztag‘ bewegt die Gemüter. Wir brauchen eine gute gemeinsame Lösung. Der nächste Schritt ist der Informationsabend mit der Landesschulbehörde.



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